Die Sound Survivors sind zurück! Nach dem Release des im Sessioncharakter produzierten Debütalbums just loop it (Rapublik Records/Rough Trade) im Jahr 2007, meldet sich die Formation bestehend aus DJ und Produzent Tom Select, den MCs Fantomas, MC Kalmann aus Ungarn, MC Marabou aus dem Niger und dem aus Frankreich stammenden DJ 2Fast mit Ihrem ersten großen Album BOOM BAP BLUES fulminant zurück. War just loop it noch eine Zusammenstellung teilweise älterer Stücke aus den Jahren 2004 bis 2007, kommt BOOM BAP BLUES nun deutlich ausgereifter und konzeptionell durchdachter daher dies aber ohne dabei seine Golden Era-bezogene Roughness einzubüßen. Auf 2 CDs bzw. 4 LPs werden auf BOOM BAP BLUES 24 Titel präsentiert die, wie auch schon auf dem ersten Release, einen einzigartig warmen, analogen und roughen Sound irgendwo zwischen RAG, Blumentopf, Madlib und Wu-Tang fahren. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass alle Songs von der Sampleauswahl bis zu den Lyrics gemeinsam konzipiert und aufgenommen wurden; und das meist im Rahmen einer einzigen Recording-Session. Ziel war es dabei vor allem, den Vibe der jeweiligen Studiosession, die Wirkung des Instrumentals auf die beteiligten Künstler und den Tenor der dazugehörigen Texte möglichst 1:1 auf den Recorder zu bannen ohne im Nachgang noch Veränderungen vorzunehmen. So hat der Zuhörer bei jedem Song unweigerlich das Gefühl, direkt in die Stimmung der Aufnahme einzutauchen. Um den Sessioncharakter der Aufnahmen nicht zu verändern, wurden dann auch kleinere Kompromisse in Sachen Sound, Performance oder Mixdown in Kauf genommen. Dafür fühlt sich Hip Hop auf BOOM BAP BLUES wieder so an wie er es sollte - rough, rugged and raw. Neben den auf deutsch und französisch vorgetragenen Lyrics der Sound Survivors selbst, sind auf BOOM BAP BLUES zudem verschiedenste exklusive Gastbeiträge in englischer Sprache zu hören, so zum Beispiel im Intro des Songs Ego welches die New Yorker Rap- Legende Jeru da Damaja beisteuert. Außerdem finden sich auf dem Album Feature-Beiträge von MC Spontan (früher Optik- Records), MC Mosiris (Lost Children of Babylon NL), einem in Sachen Flow überragenden M-Eighty (Think Differently Music Group), den Futurechamber-Homes von Invincible Temple (Popa Wu Records) oder dem vor Energie strotzenden Reverend Black. In einer Zeit, in der Hip Hop meist mit prolligen Videos mit Fremdschämfaktor 10, großen AVIS Mietwagen und schlecht bezahlten C-Klasse Models, flachen Texten und aufgesetzter, gewaltverherrlichender Gangster-Attitüde assoziiert wird, bringen die Sound Survivors zudem wieder Inhalte und regen mit Ihren komplexen Wortgeflechten zum Nachdenken an. Die Themen reichen dabei von der Bühne der großen weltpolitischen Seifenoper über die nicht über ihren Tellerrand hinaus schauende Hip Hop Szene bis hin zu sehr persönlichen, teils ironisch überzogenen Schilderungen des täglichen Wahnsinns. Alleine Wortwitz, Eloquenz, spielerischer Umgang mit der jeweiligen Sprache und komplexe Assoziationsketten verlangen dem Hörer einiges ab um den Texten folgen zu können verleiten aber im Gegenzug, wie auch die vielen Details der Instrumentals, zum mehrfachen Hören der Platte deren ganze Tiefe und Bedeutung sich beim ersten Hören kaum erfassen lässt. Die Sound Survivors stehen außerdem für eine Rückkehr zum politisch ambitionierten Rap. In Manier eines Immortal Technique werden wie auf dem über myspace bereits hinlänglich bekannten Track Weltkrieg V3.0 Fakten geliefert, Querverweise eröffnet und Denkanstöße bezüglich der aktuellen gesellschafts- und weltpolitischen Situation gegeben. Das musikalische Grundgerüst stammt wie auf dem Erstling just loop it komplett von Tableist Tom Select der sich wieder in die staubigen Tiefen seines Plattenarchivs gewühlt hat um die passenden Sounds und Samples auszugraben; die einzelnen Songs bestehen zum Teil aus bis zu 80 Samples, da wären wahrscheinlich sogar die Jungs von LSD beeindruckt! Ausnahmen hierbei stellen lediglich die Tracks It don`t stop, produziert von Snake vs. Crane und Drunken Monkeys, produziert von DJ Radrum für Echorausch dar. Von eher nach vorne gehenden, funkigen Nummern wie Roots oder TakeOff über sehr ruhige Tracks wie Chillout oder Finale bis hin zum Dub-esken Song Dubious sind auf BOOM BAP BLUES so ziemlich alle musikalischen Einflüsse vetreten, die die einzelnen Bandmitglieder geprägt haben. Überwiegend orientieren sich die Songs am Funk und Soul der 60er und 70er Jahre. Das ein oder andere Sample wurde zwar auch schon von anderen Künstlern verwendet, aber aufgrund seiner passenden Stimmung trotzdem ausgewählt, neu geschnitten oder arrangiert. Zusammenfassend kann man nur sagen: Über Musik sollte man nicht schreiben, man sollte sie hören und wer sich etwas intensiver mit Musik und mit Hip Hop im Speziellen auseinandersetzt, der muss BOOM BAP BLUES einfach feiern. So ehrlich, roh und überzeugend war Hip Hop schon lange nicht mehr. Word!